Punkte: 7/9
Laufzeit: 56:00
VÖ: 1. April 2011
Doom war noch nie erste Wahl wenn es darum ging, ordentlich die Mähne kreisen zu lassen. Im Takt zu bangen bedeutet maximal zehn Kopfbewegungen – in der Minute, versteht sich. Doom bricht dir langsam das Genick, jeden Halswirbel einzeln.
Als weiteres Subgenre einer (zumindest medial) kaum beachteten Unterordnung des Metal ist der Funeral Doom per Definition und ganz getreu seinem Namen noch eine Spur trauriger und langsamer als die meisten anderen Spielarten des Doom – eben die metallische Version eines Begräbnisses. Die Urväter waren ihrerzeit Thergothon, Skepticism und Funeral, es folgten Bands wie Mournful Congregation und Evoken sowie (als Beispiel für die Verbindung von Black Metal und Funeral Doom) Nortt. Die Liste der Bands ist erstaunlich lang, ebenso lang wie viele der Songs, gemeinsames Merkmal war und ist Monotonie, eine dichte, düstere Atmosphäre und schleppendes Gitarrenspiel.
Pantheist tragen (freiwillig oder nicht) ebenfalls den Funeral Stempel, und wahrscheinlich gäbe es an dieser Stelle nicht mehr viel zu sagen wenn mir einerseits das Genre und andererseits das Schaffen der Band nur oberflächlich bekannt wären. Funeral Doom in seiner Reinform bietet kaum Ansatzpunkte für ausufernde Lobesarien, er ist was er ist: schwermütig, langsam und oft unspektakulär. Jede Euphorie wird im Keim erstickt – und das ist gut so. Doom feiert nicht, Doom reicht dir die Rasierklingen. Und trotzdem: es gibt erfrischende Ausnahmen. Das neue Pantheist-Album ist eine davon. Und deshalb geht diese Rezension hier erst los.
Gleich der erste Track beginnt mit flottem Orgelspiel, hüpft aber deshalb nicht gleich ins Grab sondern zelebriert den Auftakt der Tauerfeier mit geradezu treibenden Drums und einem melancholischen, fast feierlichen Lead.
Wähnt man sich mit Track Nummer Zwei “Broken Statue” anfangs bereits tief unter der Erde, so mausert sich das Stück binnen kürzester Zeit zu einer vielseitigen Doomrocknummer mit Klavier, herzschmerzverdächtig, aber keinesfalls todessehnsüchtiger als manch trauriges Stückchen im Repertoire der RockAntenne wenn mal wieder die US Schnulzen hervorgekramt werden. Toller Song mit einem aufwühlenden Finale, in dem die E-Klampfe auch noch einmal deutlich zu Wort kommt. Hymnenhaft und im Gesangsduett endet der Titel nach knappen neun Minuten. Funeral Doom mal ganz anders – hier werden die ausgetretenen Pfade eindeutig verlassen.
Sinfonisch, klassisch – der Auftakt zu “The storm”, Song Nummer Drei, mit fast 12 Minuten das längste Stück der Platte. Hier wird die Geschwindigkeit nun doch auf Funeral Niveau gedrosselt, sehnsüchtig und – unterstützt durch kräftige Growls – auch wütend poltert man sich bis zur obligatorischen Zäsur in der Mitte des Songs, nur um im zweiten Akt wieder ein wenig in Prog-Kiste zu greifen und die verwünschte Reise mit mehr Schwung, und variablem (Akustik-) Gitarrenspiel (horch, sogar ein kurzes Solo!) fortzusetzen. Fast ein wenig mediterran muten einige dieser Klangausflüge an, und man fragt sich abermals wie sich derart viel Abwechslung in eine Funeral Doom Scheibe geschlichen haben mag.
Weiter geht es mit einem herzergreifenden Klavierintro, melancholisch und festlich, dann türmen sich Synthie-Wände auf, abgelöst durch eine düsteres Lead. Schwere Akkorde brechen auf den Hörer herein, allerdings wähnt dieser sich zwischendurch immer wieder kurz in den 80ern, eingestreute Synthie-Keys versprühen einen Hauch von Pop-Attitüde, ebenso wie die Stimme von Sänger Kostas Panagiotou der anrührend und unermüdlich den Refrain zu Gehör bringt “be heeeeereee …. “. Ein wenig wirkt “Be here” wie eine Radionummer aus dem Unterhaltungsradio, allerdings pechschwarz angemalt, in ein Kellerloch geworden und mit Friedhofserde bedeckt, als käme er aus einem alten, kaputten Kofferradio das zur einen Hälfte in der Erde und zur anderen in der Vergangenheit feststeckt. Seltsam und doch hörenswert.
Es folgt ein Instrumental, schlicht mit “4:59″ betitelt, welches vor allem von den elektronischen Effekten lebt und zum Träumen einlädt, bevor mit “Brighter Days” bereits der vorletzte Song die Bühne entert, eine schwermütige Hymne ohne besondere Höhen und Tiefen.
Zum Schluss spricht noch einmal das Klavier, und die Ballade “Live through me” versprüht ihr bittersüßes Gift. Eine Melodie um sich das Herz mit bloßen Händen aus der Brust zu reißen, eine solide, wenn auch nicht perfekte Gesangsperformance und das Grande Finale (na hoppla, hört da jemand heimlich Eloy hinter der Bühne?).
Pantheists gleichnamiges Werk ist ein Lichtblick in den verhangenen Kammern des Doom Metal, noch mehr für den Funeral Doom, eigenständig, faszinierend und mitreißend. Da verzeiht man auch kleinere Stimmdefizite und sonderbare Klangeskapaden. Absolut hörenswert, nicht mehr, nicht weniger!